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Roboterjournalismus - Massenproduktion der Texte

Roboterjournalismus

(2017) Roboterjournalismus basiert auf Textprogrammen, die Textbausteine grammatikalisch korrekt zusammenmischen. Tests haben ergeben, dass die Ergebnisse teilweise optimaler ausfallen als die Produktion menschlicher Schreiberlinge.

Was sind das für Softwareprogramme?

Diese Programme werden mit Textfragmenten, einzelnen Begriffen und Rechtschreib-/Grammatikprogrammen bestückt. Solche Programme verwenden auch Rechtschreibprüfungs-Tools wie der Duden sowie Spracherkennungssoftwareprogramme wie Siri oder Alexa. Die speziellen Ausführungen für den Roboterjournalismus entstanden mit den modernen Webtechnologien und haben ihren Hintergrund im enormen Textbedarf, der durch die Anforderungen der Webseitenerstellung und nachhaltigen Suchmaschinenoptimierung entstand und der durch den Zwang zum "unique content" gekennzeichnet ist. Die Suchmaschinenbetreiber wünschen nicht, dass im Internet kopierte Texte erscheinen. Also durchsuchen sie jeden Text mit einem Tool namens CopyScape auf Wiederholungen. Je nach Einstellung kann das Tool schon Wiederholungen von drei bis vier oder auch sieben bis acht Worten erkennen. Wenn solche Plagiate entdeckt werden, wird die betreffende Seite mit einem Downranking abgestraft. Ein Heer von Online-Autoren ist daher damit beschäftigt, vorhandene Texte umzuschreiben, sodass sich höchsten drei bis sechs Worte wiederholen, was die Sprache erstaunlicherweise ermöglicht. Der Satz "ich schreibe gern Online-Texte, weil mir die Arbeit am heimischen PC so gut gefällt", lässt sich problemlos als "das Schreiben der Online-Texte gefällt mir, denn am heimischen PC zu arbeiten ist wirklich angenehm" umschreiben. Das funktioniert - hier ein Wort in eigener Sache - auch dann, wenn jemand am Tag 6.000 bis 8.000 Worte zu allen möglichen Themen der Welt schreibt, und das tagtäglich ohne Pause - auch am Wochenende und an allen Feiertagen, weil die Bezahlung für diese Lohnsklaverei so lächerlich ausfällt, dass der Leser in Tränen ausbrechen würde, wenn er es wüsste*. So weit, so schlecht. Wenn die Verhältnisse aber so beschaffen sind, wäre es dann nicht besser, diese stumpfsinnige Tätigkeit gleich von Maschinen erledigen zu lassen? - In der Tat wäre es das, wie verschiedene Studien belegen.

Maschinen schreiben Texte der Massenproduktion besser als Menschen,

wie die New York Times testete. Die Ausgangshypothese lautete, dass es beim Umschreiben von Texten darauf ankommt, ohne Ermüdungserscheinungen immer wieder massenhaft neuen Text aus längst bekannten Sujets zu schaffen. Wohlgemerkt: Es handelt sich um keinen neuen Text, sondern lediglich um unique content, also einen Inhalt, den die Suchmaschine bei ihrer Suche nach Wortwiederholungen mithilfe von CopyScape als "einzigartig" definiert. Einen Menschen kann das schnell anöden. Online-Autoren, die schon einige Jahre im Geschäft sind, haben manchmal zu einem einzigen, banalen Thema - zum Beispiel dem "Kredit ohne Schufa" - vielleicht 1.000 (in Worten: eintausend) Texte mit je 400 Worten geschrieben. Es unmöglich, dabei noch irgendeinen neuen Gedanken aufzugreifen. Der Autor gleitet zwangsläufig in Plattitüden ab, doch der Roboterjournalist schreibt einfach die vorhandene Vorlage immer wieder um, nötigenfalls auch 10.000 Mal. Doch merkt das wirklich niemand? Kann eine Maschine auch Wortwitz? Sie kann, vor allem aber kann sie Textbausteine geschmeidiger mischen als ein Mensch. Beim Test der New York Times wurden acht Texte veröffentlicht, die teils von Journalisten, teils von Robotern stammten. Die Leser sollten den Unterschied erraten - und irrten sich häufig. Sogar ein Gedicht stammt von einem Computeralgorithmus, über das eine Wissenschaftlerin (!) befand, es klinge "wie Shakespeare". Doch es stammte von der Software Swiftkey. Diese war mit Textbausteinen des großen englischen Literaten bestückt worden und hatte sie zu einem neuen Gedicht zusammengesetzt. Experten nennen das "digitale Mimikry": Die Maschine wirkt intelligenter, als sie in Wahrheit ist.

Hat der Roboterjournalismus auch Grenzen?

Die Grenzen bestehen dort, wo ein Journalist urteilt und seine Meinung preisgibt. Der Roboter hat keine Meinung. Daher ist Roboterjournalismus auch nur für bestimmte Bereiche geeignet - etwa für das Umschreiben von Texten zum Zweck der Suchmaschinenoptimierung, denn für die Offpage-Optimierung von Webseiten werden massenhaft Blogbeiträge mit redundanten Inhalten benötigt, von denen aus auf die Hauptseite verlinkt wird. Dieser Textbedarf ist riesig. Es gibt noch weitere Bereiche, in denen immer wieder nur standardisierte Berichte verfasst werden, die auch ein Roboter kann. Dazu gehören unter anderem die klassischen Bilanzberichte von Unternehmen, welche die Nachrichtenagentur Associated Press inzwischen von einem Computeralgorithmus verfassen lässt. Das ist dann schon richtiger Journalismus, weil schließlich Zahlen sprachlich aufbereitet und präsentiert werden. Hier kann es auch Pannen geben. Wenn die Quartalszahlen eines Unternehmens einbrechen, kann nur ein Journalist nach den Hintergründen hierfür suchen und sie erwähnen, wenn er urteilt, dass das für den Leser wichtig ist. Daher werden einige solcher Programme auch von Menschen überwacht. Doch das geschieht überall, wo Roboter zum Einsatz kommen. Diese arbeiten auch am Fließband in der Automobilproduktion nicht vollkommen unbeaufsichtigt. Diese menschliche Aufsicht ist allemal nicht so zeitaufwendig wie das Verfassen der vielen Texte.

Fazit

Wenn Journalismus mit engen Routinen befasst ist, kann diese Arbeit besser durch Computerprogramme erledigt werden. Das passiert schon und wird tendenziell zunehmen. Es ist für die Auftraggeber wesentlich effizienter (kostengünstiger und zuverlässiger), die Text-Sklaven wiederum mögen sich andere Beschäftigungen suchen. Menschliche Urteile und Meinungen jedoch kann kein Roboter verfassen - er könnte sie höchstens vortäuschen.

*Text: not written by a robot