Das Prinzip der Genossenschaft
(2019) Eine Genossenschaft ist der Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen zu einem gemeinschaftlichen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. In Deutschland sind die Genossenschaften im “Genossenschaftsverband –
Verband der Regionen e.V.” zusammengeschlossen.
Geschichte der Genossenschaften
Das genossenschaftliche Prinzip stammt schon aus dem Mittelalter. Es gab damals zum Beispiel Beerdigungs-, Alp- und
Deichgenossenschaften oder auch die Knappschaften des Bergbaus. Im Jahr 1799 gründete der Unternehmer Robert Owen in
Großbritannien die erste Genossenschaftsbewegung, der Textilarbeiter beitraten. In Deutschland gründete Friedrich
Wilhelm Raiffeisen 1847 den ersten genossenschaftlichen Kreditverband, aus dem später die Raiffeisenbanken hervorgingen.
Ebenfalls 1847 gründete Hermann Schulze-Delitzsch eine Rohstoffassoziation für Handwerker, aus der später
Volksbanken entstanden. Ähnliche Modelle hatte es allerdings schon im späten 18. Jahrhundert gegeben. Ab den 1860er
Jahren wuchs die Genossenschaftsbewegung stark und beflügelte auch sozialistische Ideen, bis sich nach 1890 direkt
sozialistische Genossenschaften gründeten. Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts waren Konsumgenossenschaften im
Handel entstanden. Es gibt sie in Deutschland immer noch als “Konsum”, der vor allem in der DDR konsequent
weitergeführt worden war. In der Schweiz sind die prominentesten Vertreter der Handelsgenossenschaften die Migros und
die Coop. Deutscher Genossenschaftsverband – Verband der Regionen Der Dachverband der deutschen Genossenschaften ist
der Deutsche Genossenschaftsverband. Er entstand 2017 aus dem Zusammenschluss der beiden bisherigen Dachverbände
Frankfurter und Rheinisch-Westfälischer Genossenschaftsverband. Der neue Genossenschaftsverband – Verband der
Regionen ist ein Prüfungs- und Beratungsverband für seine Mitglieder, gleichzeitig ein Bildungsträger und
nicht zuletzt die Interessenvertretung der etwa 2.800 deutschen Mitgliedsgenossenschaften. Diese erhalten eine
moderne Betreuung für ihre Anliegen. Es handelt sich um genossenschaftlich organisierte Unternehmen aus den folgenden
Sektoren:
- Kreditwirtschaft
- Handel
- Landwirtschaft
- Gewerbe
- Dienstleistungen
Der Verband hat in 14 Bundesländern rund acht Millionen Mitglieder, die von etwa 1.500 MitarbeiterInnen betreut werden.
Zu den Aufgaben und Leistungen des Verbandes gehören unter anderem Markt- und Trendanalysen, Beratungen zu komplexen
Fragen und das Aufzeigen von Lösungsvorschlägen. Hierfür arbeitet das eigene Team des Verbandes gemeinsam mit Experten von Netzwerkpartnern. Das Genossenschaftswesen fördert der Verband aktiv durch Gründungsinitiativen,
außerdem nimmt er eine starke Position bei der Interessenvertretung seiner Mitglieder ein. Die Basis des Verbandes sind demokratische Mitbestimmungsstrukturen, die in der Satzung festgelegt wurden und gesetzliche Bestimmungen ergänzen.
Werte des Genossenschaftsverbandes
Die Werte ergeben sich aus der Tradition der Genossenschaften, wie sie oben dargestellt wurde. Die Prinzipien, die Friedrich
Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch aufgestellt haben, sollten die praktizierte Wirtschaftsdemokratie, die
Selbstverwaltung und Selbsthilfe sowie die Selbstverantwortung von Genossenschaftlern fördern. Daran hat sich bis heute
nichts geändert. Daher hat der Genossenschaftsverband in seiner Kultur die Tradition und das Vertrauen in die Werte
neben den nötigen betriebswirtschaftlichen Zielen verankert. Gleichzeitig liefert der Genossenschaftsverband wichtige
Kompetenzen für die Regionen seiner Mitglieder. Der Genossenschaftsverband erbringt daher Leistungen auch dezentral,
verfolgt eine dezentrale Standortpolitik und hat Gremienstrukturen geschaffen, die auf Regionalität basieren. Seine
Mitglieder sind:
- Kreditgenossenschaften
- Landwirtschaftsgenossenschaften
- Genossenschaften des Gewerbes
- Agrargenossenschaften
- Schülergenossenschaften
- Immobilien-, Versorgungs- und Energiegenossenschaften
Kreditgenossenschaften
Die Mitglieder der Genossenschaftsbanken sind knapp ein Viertel der Deutschen. Millionen Menschen nehmen die Dienstleistungen
dieser Kreditgenossenschaften in Anspruch. Dazu gehören die Kontoführung, die Kreditfinanzierung und die
Anlageberatung. Zwar bieten die Genossenschaftsbanken die meisten derjenigen Dienstleistungen an, die auch von privaten
Banken kommen, doch es gibt dabei einen fundamentalen Unterschied: Bei den Kreditgenossenschaften steht nicht die
Gewinnmaximierung, sondern der Mitgliedernutzen im Vordergrund. Die regionale Wirtschaft profitiert davon: Die deutschen
Volks- und Raiffeisenbanken sind die wichtigsten Mittelstandsfinanzierer. Für KMU und Selbstständige sind sie vor
Ort solide Kreditgeber, die auch in schlechten Konjunkturphasen zu ihrer regionalen Verantwortung stehen. Dazu gehört
das demokratische Prinzip der Volks- und Raiffeisenbanken, das in ihrer Tradition seit mehr als 150 Jahren wurzelt. Die
Kunden sind gleichzeitig Mitglieder und Eigentümer ihrer Genossenschaftsbank, sie zeichnen deren Anteile. Jedes Mitglied
hat eine Stimme.
Landwirtschaftliche Genossenschaften
Es gibt in Deutschland rund 470 landwirtschaftliche Genossenschaften. Sie sind Dienstleistungsunternehmen für die
Landwirtschaft und verwerten tierische und pflanzliche Erzeugnisse. Ihre Hauptaufgabe ist die Bündelung des Angebots und
der Nachfrage von landwirtschaftlichen Betrieben. Damit stärken die landwirtschaftlichen Genossenschaften die
Marktstellung der Betriebe gegenüber dem Handel und der Industrie. Die Mitglieder und Eigentümer sind Landwirte,
Winzer, Fischer und Gärtner.
Gewerbliche Genossenschaften
In diesen Genossenschaften sind über 660 Handels-, Handwerks- und Dienstleistungsgenossenschaften zusammengeschlossen,
zu denen rund 290.000 Mitglieder gehören. Im Handwerk und weiteren Strukturen des Mittelstands ist der
genossenschaftliche Gedanke tief verwurzelt, zu dem Selbstverwaltung und -verantwortung gehören. Zunehmend gehören
zu diesen Genossenschaftsbetrieben auch freie Berufe. Es gibt inzwischen Ärztehäuser, kommunale Einrichtungen und
Dorfläden in genossenschaftlicher Rechtsform. Die Zukunft des Handels wird sich verändern.
Agrargenossenschaften
Im Genossenschaftsverband gibt es rund 550 Agrargenossenschaften. Sie repräsentieren die mittelständischen
Landwirtschaftsunternehmen, die jeweils durchschnittlich 1.600 ha bewirtschaften und etwa 30 MitarbeiterInnen
beschäftigen. In strukturschwachen Regionen sind sie oft die bedeutendsten Arbeitgeber. Die Mitglieder erzielen ihr
Einkommen durch Arbeitsplätze, Teilhabe am Gewinn und Pachtzahlungen. Es handelt sich in der Regel um
Mehrfamilienbetriebe, das Eigentum verteilt sich aktuell auf etwa 23.000 Mitglieder. Agrargenossenschaften gelten als
zukunftsweisendes Kooperationsmodell, von dem landwirtschaftliche Familienbetriebe profitieren. Die Landwirtschaft wird
dadurch stabilisiert.
Genossenschaften für Energie, Immobilien und Versorgung
In den letzten Jahren sind viele neue Energiegenossenschaften entstanden. Der Hintergrund: Die Bürger wollen eine
nachhaltige Energieversorgung in Selbstverantwortung sicherstellen. Dazu gehört, dass sie an der Gestaltung der
Infrastruktur mitwirken. Neben der Energie gehen auch immer häufiger die Wasserversorgung, Bahnstrecken und schulische
Einrichtungen in genossenschaftliche Hände über. Es gibt Anfang 2019 in Deutschland rund 650 Genossenschaften in
diesem Bereich, zu denen 333.000 Mitglieder gehören.
Schülergenossenschaften
Auch Schüler schließen sich genossenschaftlich zusammen. Sie produzieren Filz, Honig oder Pralinen, beraten
Haushalte und bieten Dienstleistungen für den Garten an. Ihr Marketing und den Vertrieb besorgen sie selbst. Die Zahl
der Schülergenossenschaften wächst stark, seit 2006 ein entsprechendes Projekt ins Leben gerufen wurde. Der
Genossenschaftsverband unterstützt die Schüler unter anderem mit Patenschaften. Die Schüler gewinnen Einblicke
in wirtschaftliche, soziale und ökologische Zusammenhänge, schulen ihren Innovationsgeist und die Kreativität,
entwickeln Eigeninitiative und wachsen zu Teams zusammen. Ihr unternehmerisches Denken wird angeregt. Das verschafft ihnen
eine erste Orientierung für das Berufsleben. Sie erwerben Schlüsselkompetenzen und lernen die Solidarität in
einer Zweckgemeinschaft kennen.
Ruhrgebiet
Mitglied der Visible Ruhr: Die Dortmunder visibleRuhr e.G. vereint in einer Genossenschaft SpezialistInnen des Ruhrgebiets, welche die Unternehmen der Region bei der Digitalen Transformation unterstützen. Seit Anfang 2019 ist die E-Trado GmbH
visibleRuhr eG Mitglied und steht dem visibleRuhr-Netzwerk zur Verfügung um den Digitalen Wandel im Ruhrgebiet aktiv mitzugestalten.
Kommentare