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Wirtschaftskartelle

Wirtschaftskartelle

Von einem Kartell wird dann gesprochen, wenn sich Konkurrenten für einen bestimmten Zeitraum zusammenschließen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Kartelle gibt es in vielen Lebensbereichen des Alltags; beispielsweise in der Politik, oder in der freien Wirtschaft. Bei einem Wirtschaftskartell werden Mitbewerber zu Verbündeten, allerdings nur temporär und aus Gründen, von denen sie alle und ohne Ausnahme gleichermaßen betroffen sind und profitieren. Kartell wird von dem lateinischen Wort charta abgeleitet, zu Deutsch Vereinbarung.
Heutzutage wird in nahezu regelmäßigen Abständen von Kartellabsprachen in ganz unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen berichtet. Dabei handelt es sich um sogenannte Preisabsprachen, die von Herstellern oder Händlern untereinander getroffen werden. Zu den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft gehört, dass sich der Warenpreis oder Handelspreis aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage entwickelt. Die Höhe des Preises schwankt und richtet sich danach, ob das Angebot größer ist als die Nachfrage, oder umgekehrt. Wenn solche Absprachen auf Anbieterseite beispielsweise für den Strompreis oder für den Benzinpreis getroffen werden, dann wird von einem Preiskartell gesprochen. Bei einem Rabattkartell werden anstelle von Preis- einheitliche Rabattabsprachen getroffen. In allen Fällen geht es Anbietern wie den Produzenten oder den Händlern darum, durch vertrauliche Absprachen die Preise möglichst einheitlich zu gestalten. Dadurch wird die Höhe des Preisniveaus bestimmt. Der Verbraucher als Kunde kann sich dagegen nicht wehren. Je größer und umfassender das Kartell ist, umso geringer sind seine Auswahlmöglichkeiten.

Ein ganz typisches Kartell, wenn es denn als solches nachweisbar wäre, betrifft den Preis von Benzin. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass er turnusmäßig und bundesweit zu Beginn der Oster- und der Sommerferien gestiegen ist. Der Autofahrer als Kunde und Verbraucher kann nichts dagegen unternehmen. Er benötigt den Kraftstoff, um sein Auto nutzen zu können. Je mehr Lieferanten von Kraftstoff, also Tankstellen sich daran beteiligen, umso geringer ist die Auswahl auf dem Markt. Der Benzinpreis wird von den Anbietern unisono erhöht oder gesenkt, sozusagen reguliert. Das widerspricht dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Die Kfz-Halter würden liebend gerne ihr Benzin dort tanken, wo es um einige Cent pro Liter preisgünstiger ist. Ein Kartell hält den Preis jedoch auf einem durchgängig gleichhohen Niveau. Der Verbraucher ist dagegen machtlos.

Ähnlich, wenngleich bei weitem nicht so wirksam, verhält es sich mit dem Strompreis. Der Endverbraucher, der umgangssprachliche Stromkunde, kann bundesweit aus vielen hundert Energieversorgungsunternehmen auswählen. Sie sind örtlich, regional oder landesweit präsent. Beim Strompreis kann weniger von einem Preiskartell gesprochen werden als vielmehr davon, dass sich die Energieversorger zeitversetzt der allgemeinen Preisentwicklung anschließen. Der Endverbraucher kann sich dem nicht widersetzen. Im Gegensatz zum Benzinkauf an der Tankstelle kann er jedoch aus einer großen Zahl von Anbietern den günstigsten auswählen. Hier ist es weniger ein Kartell als vielmehr eine Preisentwicklung, deren Grund und Höhe diskutabel wäre.

Ein Wirtschaftskartell funktioniert aus Sicht der Kartellbeteiligten umso besser, je weniger Unternehmen daran beteiligt sind. Die Gründe dafür liegen in der Diskretion sowie in der Organisation des Kartells. Darüber hinaus muss auch berücksichtigt werden, dass jedes Wirtschaftskartell eine Zweckgemeinschaft ist. Aus Konkurrenten werden keine Freunde, sondern sie bleiben auch während des Kartells Wettbewerber. Sie haben lediglich das gemeinsame Ziel, den Preis für den Endverbraucher zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil zu bestimmen und zu regulieren. Das Wirtschaftskartell funktioniert auch nur dann, wenn alle Kartellbeteiligten gleichermaßen davon profitieren; sei es absolut oder relativ.

Neben dem Rabattkartell gibt es zahlreiche weitere Kartelle. Auf dem Wege von der Produktion bis zum Verkauf an den Endverbraucher bestehen viele Möglichkeiten einer Preisbeeinflussung. Eine kaum nachzweisende Vorstufe zum Preiskartell ist das Kalkulationskartell. Import-, Export- oder Gebietskartell sind Absprachen, die dem Endverbraucher kaum bewusst werden. Er kann nur das kaufen, was ihm angeboten wird; wie das Angebot letztendlich zustande kommt und gesteuert wird, weiß er nicht und kann er auch nicht wissen. Eine eigene Form des Konditionskartells ist das Rabattkartell. Hier werden Rabatte kartelliert, also abgesprochen und unausgesprochen angewendet. Der Endverbraucher merkt nichts davon, weil ihm der Preisbildungsprozess nicht bekannt ist.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Wirtschaftskartelle nur nachträglich entdeckt werden können. Das geschieht weniger durch Indiskretionen als vielmehr durch ein akribisches Nachvollziehen von Wirtschaftsabläufen in der betreffenden Handelskette oder Produktionskette. Bei jeder einzelnen Kartellbildung stellt sich dann die Frage, inwiefern dem Endverbraucher ein wirtschaftlicher Nachteil oder gar Schaden entstanden ist. Beim Benzinpreis, oder beim Preis für bestimmte Kartoffelsorten hat der Endverbraucher nachweislich einen erhöhten, sprich den kartellierten Betrag gezahlt. Das ist ärgerlich, aber in dem Sinne kein finanzieller Schaden. Ein nicht kartelliertes, also frei gestaltetes Angebot bedeutet nicht automatisch, dass es exklusiv von allen Endverbrauchern genutzt wird. Es wird ihnen gemacht, wobei es im Einzelfall aus unterschiedlichen Gründen oftmals gar nicht möglich ist, das Angebot zu nutzen. Vor diesem Hintergrund sind Wirtschaftskartelle, gleich welcher Art, eher eine Angelegenheit für die sogenannten Wettbewerbshüter.

Der freie Wettbewerb ist eine wichtige Grundlage der Marktwirtschaft, also der freien Preisentwicklung auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage. Nicht umsonst ist sich jeder Unternehmer selbst der nächste. Er handelt nach dem Grundsatz: Alles, was nicht ich verkaufe, verkauft mein Konkurrent. Oder umgekehrt: Was mein Konkurrent verkauft hat, kann ich nicht mehr verkaufen; dadurch reduzieren sich mein Umsatz und Gewinn, sprich meine eigene Wettbewerbsfähigkeit. In nahezu allen Fällen ist es eine Frage der Zeit, wie lange ein Kartell funktioniert. Dass es nicht auf Ewigkeit hält, liegt auf der Hand. Denn alle Kartellbeteiligten sind und bleiben Konkurrenten mit ihren ganz eigenen wirtschaftlichen Zielen sowie Interessen; und die ändern sich auch nicht durch ein Wirtschaftskartell.

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